Alles kalter Kaffee?

In Zeiten hoch entwickelter Informations- und Kommunikationstechnologien ist Papier doch out, mag mancher meinen. Welchen Sinn haben dann noch eine Website und ein Buch über die Frage, wie Schriftstücke effizient organisiert werden können?

Das papierlose Büro bleibt meist ein Traum

Das papierlose Büro wurde bereits in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts erdacht und in dem Artikel As We May Think beschrieben, und zwar von dem US-amerikanischen Ingenieur Vannevar Bush, der mit Memex eine Arbeitserleichterung für Geistesarbeiter schaffen wollte. Zwar sind manche von Bushs Ideen inzwischen realisiert worden wie etwa

  • die Speicher- und Abrufmöglichkeiten multimedialer Daten,
  • die Verknüpfung von Dokumenten und Medieninhalten durch Hyperlinks sowie
  • die Vernetzung der persönlichen Arbeitsgeräte durch das Internet.

Doch das papierlose Büro bleibt im Alltag der meisten Menschen bis heute nur ein Traum. Und selbst in Organisationen, in denen die Möglichkeiten der EDV sehr weitgehend genutzt werden, finden sich in der Regel große Mengen Papier, die traditionell verwaltet werden. Denn gibt es Unterlagen, bei denen sich das Digitalisieren nicht lohnt. Denken Sie an Broschüren. Ein anderes Beispiel sind Be­wer­bungs­unterlagen, die anfallen, wenn eine neue Stelle zu besetzen ist. Bei solchen temporären Akten werden die Papiere nur gebraucht, bis eine Entscheidung getroffen wurde. Es gibt auch Papiere nicht temporärer Natur, die im Original und nicht nur elektronisch aufbewahrt werden sollten, etwa Versicherungsunterlagen.

Ursachen für die Papierflut

Der Einsatz von Computern bringt uns augenscheinlich dem papierlosen Büro nicht näher, sondern beschert uns eine noch größere Papierflut. „Seit wir die EDV haben, ist der Papierverbrauch sprunghaft angestiegen“, lautet die Erfahrung an vielen Arbeitsplätzen. Eine der Ursachen: Die Preise für Drucker und Kopierer sind heute vergleichsweise niedrig, die Geräte fast für jedermann erschwinglich geworden. Je problemloser bedrucktes Papier erzeugt werden kann, desto mehr wird auch produziert.

Dieser Trend wird durch weitere technologische Entwicklungen gestärkt: Per Offsetdruck führten nur größere Auflagen zu vertretbaren Stückkosten. Es musste gründlicher überlegt werden, ob eine Broschüre gesetzt und gedruckt wird. Durch den Digitaldruck können heute dagegen auch kleinste Auflagen kostengünstig hergestellt werden. Die Folge: Die Zahl der Drucksachen steigt massiv. Es scheint, als nähme die Menge gedruckter Informationen zu, je elektronischer das Büro wird.

Die Tonnagen wachsen

Dies bestätigen auch die Zahlen des Verbandes Deutscher Papierfabriken. Sie belegen, dass sowohl die Mengen gestrichener Druckpapiere als auch die Tonnagen ungestrichener Druck- und Büropapiere im Vergleich zum Vorjahr um 4,5 Prozent gestiegen sind (Papier Kompass 2008). In Deutschland betrug der rechnerische Papierverbrauch (Produktion plus Import abzüglich Export) im Jahre 2007 übrigens etwa 256,4 Kilogramm pro Kopf. Davon sind 47 Prozent, also knapp die Hälfte, grafische Papiere (den Rest bilden Verpackungen, Hygiene-Papiere sowie Spezialpapiere).

Anforderungen an die Menschen steigen

Vor zwei Generationen musste sich kaum jemand Gedanken über die Archivierung von Gebrauchsanweisungen und Garantiescheinen machen. Wer einen Fotoapparat hatte, besaß ihn meist ein Leben lang. Und im Büro machten sich nicht Fax-, E-Mail- und Posteingänge Konkurrenz. Zudem mussten nur wenige Menschen so viele unterschiedliche Projekte gleichzeitig managen, wie es heute der Normalfall ist.

Wenn die Menge der Unterlagen steigt, hat dies freilich Folgen für die Organisation dieser wachsenden Menge an Dokumenten. Gefragt sind flexible und praktikable Hilfsmittel und Arbeitstechniken, die die Büroorganisation vereinfachen und auch umfangreichen und komplexen Vorgängen gewachsen sind.

Solche Hilfsmittel und Arbeitstechniken sind jedoch offenbar nicht besonders weitverbreitet: Eine Erhebung des KAIZEN Institute aus dem Jahre 2004 offenbarte, dass 38 Prozent der Arbeitszeit durch unpro­duk­tive Tätigkeiten verloren gehen (vgl. »Lean Office Studie 2006« von Anna-Katharina Wittenstein und Michael Wesoly, Fraunhofer IPA, S. 18). Schätzungen gehen davon aus, dass nur 50 bis 60 Prozent der Arbeit im administrativen Bereich produktiv sind (ebd., S. 15). Ein prominentes Beispiel für Verschwendung am Arbeits­platz ist die Suche nach dem richtigen Dokument. Sie gehört zu den Effizienzkillern der Büroarbeit (vgl. Umfrage »Lean Office« des Fraunhofer IPA vom September/Oktober 2003; www.schlanke-prozesse.de/data/Umfrageergeb nisse_Lean Office.pdf)

Fazit: Im 21. Jahrhundert ist die Herausforderung größer als je zuvor, Akten intelligent zu organisieren.

Ob das Tagesgeschäft flüssig von der Hand geht oder ob Sand im Getriebe ist, hängt oft genug von Kleinigkeiten ab. Zwar bricht auf­grund nicht sofort greifbarer Unterlagen nicht gleich der Umsatz ein, aber es kostet doch Zeit und Nerven. Der Zugriff sowie das Ablegen von Dokumenten werden oft als lästig und kräfte­zehrend empfunden. Die Folge: Die Stapel auf den Schreibtischen wachsen – und mit ihnen das Frustpotenzial.

„Ordnung ohne Stress“ zeigt, wie Sie Abhilfe schaffen können. Es macht den Lesern mit flexiblen Ordnungsmitteln und praxistauglichen Prinzipien bekannt, die ein frustfreieres Arbeiten ermöglichen und auch komplexen Ansprüchen gewachsen sind. Die Website und das Buch zeigen eine intelligente Alternative für papierbasierte Wissensarbeit auf, die jenseits von Aktenordnern und Hängemappen funktioniert.